Einführung

Eine Aktiengesellschaft (AG) ist nach türkischem Recht eine Kapitalgesellschaft, bei der das Kapital des Unternehmens in Aktien aufgeteilt ist und bei der die Aktieninhaber ausschließlich mit dem Gesellschaftsvermögen haften.

Eine AG kann von einer oder mehreren realen oder juristischen Personen mit einem bestimmten Kapitalbetrag unter einem Handelsnamen gegründet werden. Nach türkischem Recht gibt es keine Höchstgrenze für die Anzahl der Aktionäre.    

Das türkische Recht erlaubt eine hundertprozentige ausländische Beteiligung an einer AG. Ein Ausländer, der noch nie in der Türkei war, kann durch eine Vollmacht Aktionär einer türkischen AG werden.


Kapital

Vor dem Inkrafttreten des neuen türkischen Handelsgesetzbuchs im Juli 2012 konnte eine in Privatbesitz befindliche AG nur ein grundlegendes Kapitalsystem wählen. Es ist nun möglich, entweder ein Grundkapitalsystem oder ein eingetragenes Kapitalsystem zu wählen.

Im Grundkapitalsystem darf das Grundkapital einer AG nicht weniger als 50.000 TRY betragen.  Das Mindestkapital eines Unternehmens, das sich für das eingetragene Kapitalsystem entscheidet, beträgt 100.000 TRY. Der Buchwert pro Aktie kann 0,01 TRY oder ein Vielfaches davon betragen.

Mindestens 25% des Nennbetrags der in bar gezeichneten Aktien müssen vor der Registrierung und der Rest des Grundkapitals in den folgenden 24 Monaten nach der Registrierung gezahlt werden.

Die Bareinlagen für das Grundkapital müssen auf ein spezielles Bankkonto eingezahlt werden, welches im Namen des Unternehmens eröffnet wird, das gegründet wird. Ein Bankbrief, der beweist, dass das gezeichnete Grundkapital auf ein Konto eingezahlt wurde, wird dem zuständigen Handelsregisteramt eingereicht. Der eingezahlte Betrag kann vom Unternehmen gegen Vorlage der entsprechenden Gründungsdokumente abgehoben werden, aus denen hervorgeht, dass es Rechtspersönlichkeit erworben hat. 

Ein Sachbeitrag ist möglich.


Genehmigung zur Einrichtung einer AG

Nach türkischem Recht unterliegt die Einrichtung einer AG grundsätzlich nicht der Erlaubnis einer Behörde. Es gibt jedoch Arten von Unternehmen, bei denen die Genehmigung des Handelsministerium vorliegt. Diese Unternehmen sind;

Banken, Versicherungsunternehmen, Finanzierungsleasinggesellschaften, Absatzfinanzierungsinstitute, Finanzierungsgesellschaften, Kapitalanlagegesellschaften, Holdinggesellschaften, unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, usw.

Selbst für diese Arten von Unternehmen kann das Handelsministerium nur eingreifen, wenn ein Widerspruch zu den zwingenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs besteht. Davon abgesehen sieht das Handelsgesetzbuch ausdrücklich vor, dass weder die Gründung noch eine Änderung der Satzung einer AG der Genehmigung einer Behörde unterliegt.


Der Aktionärskreis

Die Aktionäre einer AG können sowohl reale als auch juristische Personen sein. Sie müssen nicht in der Türkei wohnen, auch Ausländer können Aktionäre einer türkischen AG werden. 

Das frühere Handelsgesetzbuch sah vor, dass mindestens 5 Aktionäre verpflichtet waren, eine AG einzurichten und aufrechtzuerhalten. Mit dem neuen Handelsgesetzbuch (in Kraft seit Juli 2012) ist nun eine AG mit einem Aktionär möglich.

Falls die AG mit einem Aktionär gegründet wird oder die Anzahl der Aktionäre danach auf eins verringert wird; müssen der Name, die Adresse und die Staatsbürgerschaft des Aktionärs ebenfalls im Handelsregisteramt eingetragen und im Handelsregisterblatt bekanntgemacht werden sein.

Das Organ der AG, in dem die Aktionäre vertreten sind, wird als Hauptversammlung bezeichnet. Die Beschlüsse der Aktionäre werden in den Hauptversammlungen gefasst. Die Hauptversammlung kann zu ordentlichen oder außerordentlichen Sitzungen einberufen werden. Die ordentlichen Sitzungen müssen mindestens einmal jährlich in einem Zeitraum von drei Monaten nach Ende des Geschäftsjahres stattfinden. Der Vorstand oder die Inhaber von mindestens 10% des Grundkapitals, können außerordentliche Sitzungen einberufen.  Die Hauptversammlung hat die Befugnis, die Satzung zu ändern, die Mitglieder des Vorstands zu ernennen und zu entlassen, finanzielle Angelegenheiten zu genehmigen Aussagen, die Gewinnverteilung zu bestimmen, das Unternehmen auflösen, usw.

Das Entscheidungsquorum für Angelegenheiten, die das ordentliche Geschäft der Gesellschaft betreffen, ist die einfache Mehrheit des in der Versammlung vertretenen Grundkapitals. Das Handelsgesetzbuch verlangt höhere Entscheidungsquoren für Angelegenheiten von großer Bedeutung wie Zusammenschluss, Spaltung, Kapitalerhöhung oder Kapitalverringerung, freiwillige Auflösung usw.


Der Vorstand

Das Leitungsorgan einer AG ist sein Vorstand. Nach dem neuen türkischen Handelsgesetzbuch ist nun ein einköpfiger Vorstand zulässig.

Ausländer können als Vorstandsmitglieder ernannt werden. Eine Person, die kein Aktionär der AG ist, kann auch als Vorstandsmitglied nominiert werden. Auch juristische Personen können zu Vorstandsmitgliedern ernannt werden. In diesem Fall muss jedoch eine reale Person als Vertreter dieser juristischen Person in den Vorstandssitzungen auftreten. 


Die Haftung

Die Haftung der Aktionäre für die Schulden des Unternehmens beschränkt sich auf ihre Beteiligung am Grundkapital der AG. Darüber hinaus liegt ihre Verantwortung direkt gegenüber dem Unternehmen selbst und nicht gegenüber Dritten.


Die Unternehmenssatzung

Als Verfassungsdokument der Gesellschaft müssen die Unternehmenssatzungen vorbereitet werden, um eine AG zu gründen. 

Mehrere Exemplare der Unternehmenssatzungen müssen von allen Aktionären (oder ihren Vertretern durch eine Bevollmächtigung) der AG vor dem Handelsregisteramt oder dem Notar unterzeichnet werden. Wenn die Aktionäre oder ihre Vertreter Analphabeten oder Behinderte sind oder kein Türkisch sprechen, muss die Unternehmenssatzung vor einem Notar unterzeichnet werden. 

Der Wortlaut der Unternehmenssatzung muss Folgendes enthalten:

a)    Angaben zu Vor- und Nachnamen, Anschrift und Staatsbürgerschaft der Gründer,

b)    Der Handelsname des Unternehmens,

c)    Haupttätigkeitsbereich und das Sachgebiet des Unternehmens,

d)    Die Anschrift des Unternehmens,

e)    Die Dauer des Unternehmens,

f)    Das Kapital des Unternehmens, die Anzahl der Aktien, der Nennwert jeder Aktie, die Art und Weise, wie das Kapital gezeichnet wird,

g)    Die Vor- und Nachnamen der Mitglieder des Vorstands, wie sie ernannt werden, ihre Aufgaben, Befugnisse, Amtszeiten und wie oft sie sich treffen werden, 

h)    Wie die Prüfer ernannt werden und welche Aufgaben sie haben,

i)    Wie die Hauptversammlungen abgehalten werden,

j)    Wie die Ankündigungen über das Unternehmen erfolgen,

k)    Wie der Gewinn verteilt wird, Details zu den Abrechnungsperioden, Rückstellungen usw.

In der Praxis stellen die Handelsregisterämter Entwürfe von Unternehmenssatzungen zur Verfügung.

Die Unternehmenssatzung einer AG kann durch einen Beschluss seiner Hauptversammlung geändert werden.


Der Gründungsprozess

In der Türkei werden Handelsregistrierungstransaktionen für alle Arten von Unternehmen über ein zentrales Registrierungsaufzeichnungssystem namens MERSİS durchgeführt.

Der von den Aktionären gewählte Handelsname der AG muss über MERSİS eingereicht werden und seine Genehmigung erfolgt grundsätzlich elektronisch. Der Handelsname kann weder irreführend noch beleidigend sein.

Das Unternehmen muss sich bei dem zuständigen Finanzamt für eine potenzielle Steueridentitätsnummer bewerben, sobald die Satzung vom Handelsregister oder einem Notar beglaubigt wurde. Diese potenzielle Steueridentitätsnummer ist für die Eröffnung eines Bankkontos erforderlich, um das Grundkapital des Unternehmens einzuzahlen.
Ein von der Bank ordnungsgemäß erstelltes Schreiben, in dem das gezeichnete Kapital der Gesellschaft hinterlegt ist, muss entgegengenommen werden. Dieses Schreiben sollte den Namen des Unternehmens und seiner Aktionäre sowie den von jedem von Ihnen eingezahlten Betrag enthalten.

0,04% des Grundkapitals müssen als Gebühr für die türkische Wettbewerbsbehörde auf ein Konto bei einer öffentlichen Bank eingezahlt werden.

Die Genehmigung des Handelsministerium wird auch eingeholt, wenn es sich bei dem Unternehmen um einen der vorerwähnten Unternehmenstypen handelt, wie z.B. eine Bank, eine Versicherungsgesellschaft, eine Finanzierungsleasinggesellschaft usw.


Erforderliche Dokumente

Nach Abschluss der vorläufigen Vorbereitungen sind folgende Unterlagen beim zuständigen Handelsregisteramt einzureichen:

a)    Ein Antragsschreiben, das von den Mitgliedern des Vorstands oder den Mitgliedern, die befugt sind, die Gesellschaft zu vertreten, unterzeichnet wurde. Das Antragsschreiben muss den Antrag auf Registrierung und Angaben zu Namen, Grundkapital, Anschrift, Gründungsdatum sowie den Namen des Steueramtes, bei dem die Gesellschaft registriert wird, und eine Liste der Anhänge enthalten.

b)    Gründungserklärungsform. Drei Kopien dieses Dokuments müssen von den befugten Personen ausgefüllt und unterschrieben werden. Wenn es einen ausländischen Aktionär gibt, müssen vier Kopien des Formulars ausgefüllt und unterschrieben werden.

c)    Notariell beglaubigte Kopien der Unternehmenssatzung, sofern nicht die Gründer die Satzung vor den Handelsregisterbeamten unterzeichnen,

d)    Erklärung zur Kammerregistrierung”, die von den Gründern des Unternehmens ausgefüllt und unterschrieben werden muss,

e)    Notariell beglaubigte Kopien der Pässe und Ansässigkeitsbescheinigung sowie der speziellen Steuer-ID-Nummer, die Ausländern für ausländische Aktionäre und Mitglieder des Vorstands gewährt wird,

f)    Notariell beglaubigte Unterschriftsproben derjenigen, die befugt sind, das Unternehmen zu vertreten, es sei denn, sie unterschreiben schriftliche Erklärungen vor den Handelsregisterbeamten,

g)    Notariell beglaubigte schriftliche Zusagen, aus denen hervorgeht, dass die nicht aktionärsbezogenen Mitglieder des Vorstands ihre Rolle als Mitglieder des Vorstands des Unternehmens angenommen haben,

h)    Die Bankquittung bezüglich der Zahlung der Gebühr der Wettbewerbsbehörde, die 0,04% des Grundkapitals beträgt,

i)    Das Bankschreiben, das den Namen des Unternehmens und seiner Aktionäre sowie den gesamten und von jedem der Aktionäre eingezahlten Betrag enthält, 

j)    Die zwischen der Gesellschaft und den Aktionären oder Dritten (falls vorhanden) geschlossenen Verträge,

k)    Ein Genehmigungsschreiben des Handelsministerium (falls eine solche Genehmigung aufgrund der Art des Unternehmens erforderlich ist).


Die Endfertigung

Sobald der Registrierungsprozess abgeschlossen ist, wird die Registrierung der AG im türkischen Handelsregisterblatt bekannt gegeben.

Der AG-Registrierungsprozess ist typischerweise in ein paar Wochen abgeschlossen. Die AG muss nach Abschluss des Unternehmensregistrierungsprozesses auch bei dem zuständigen Steueramt und den Sozialversicherungsämtern registriert sein.